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ein kaputtes buch

Fotojournalistische Reportage aus der Restaurierungswerkstatt der Klassik Stiftung Weimar: Nach dem verheerenden Brand von 2004 arbeiten Spezialist*innen daran, beschädigte Bücher, Urkunden und Musikalien der Anna Amalia Bibliothek zu retten. Als Fotojournalist aus Thüringen dokumentierte ich gemeinsam mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) diese hochspezialisierte Arbeit zwischen Wissenschaft und Handwerk. Die entstandenen Bilder zeigen eine Welt, die weit von romantischen Buchvorstellungen entfernt ist, aber umso faszinierender in ihrer präzisen, fast chirurgischen Herangehensweise zur Kulturrettung. Fotoreportage Anna Amalia Bibliothek, Weimar, ein Einblick in eine der wichtigsten Restaurierungswerkstätten Deutschlands.

Wieso ist diese Fotoreportage interessant für Sie?

  • Einblick in unbekannte Arbeitswelten: Erfahren Sie, wie moderne Spitzentechnologie eingesetzt wird, um jahrhundertealte Kulturgüter nach Katastrophen zu retten und für kommende Generationen zu bewahren
  • Fotojournalistische Dokumentation: Verstehen Sie, wie komplexe wissenschaftliche Prozesse visuell erzählt werden und dabei sowohl fachlich präzise als auch emotional ansprechend dargestellt werden
  • Kulturgeschichte hautnah: Entdecken Sie die menschlichen Geschichten hinter der Buchrestaurierung und wie Leidenschaft für alte Bücher auf modernste Restaurierungstechniken trifft

 

Eine persönliche Leidenschaft trifft auf professionelle Neugier

Bücher sind für mich eine Leidenschaft, eine Liebe – und das eigentlich solange ich denken kann. Die Anweisung meines Vaters, dass Bücher niemals weggeworfen werden dürfen, gehört sicherlich zu dieser Einstellung und ihrer Ausprägung dazu. Was daher im September 2004 in der Weimarer Anna Amalia Bibliothek geschah, ist für mich noch immer eine Horrorvorstellung. Damals hatte ein Brand zur Beschädigung und Vernichtung zahlreicher Bücher und Schriften geführt.

Als Fotojournalist und bekennender Buchliebhaber war die Anfrage des Evangelischen Pressedienstes daher mehr als nur ein gewöhnlicher Auftrag. Matthias Thüsing hatte bereits eine Reportage über die Restaurierungsarbeiten in der Klassik Stiftung Weimar verfasst, und ich sollte die passenden Bilder dazu liefern. Was zunächst wie eine routinemäßige Begleitung aussah, entwickelte sich zu einer der eindrucksvollsten fotografischen Erfahrungen der letzten Jahre.

Von Schuttcontainern zur Spitzentechnologie: Der Weg geretteter Bücher

Die Geschichte der geretteten Bücher beginnt dramatisch: Nach dem Brand überlebten einige zunächst in Schuttcontainern, bevor sie gefriergetrocknet wurden. Nun gilt es, die Bücher und ihre kleineren Verwandten – Urkunden, Musikalien und andere Dokumente – wieder tauglich und vor allem lesbar zu machen. Die Klassik Stiftung Weimar hat eigens dazu eine Werkstatt aufgebaut, in der nicht nur restauriert, sondern auch geforscht wird.

Beim Betreten dieser Werkstatt wurde mir schnell klar, dass meine romantischen Vorstellungen von gemütlicher Buchrestaurierung der Realität nicht standhalten würden. Statt atmosphärischer Leselampen und behaglicher Arbeitstische erwarteten mich sterile Arbeitsplätze, präzise Messgeräte und Technologien, die eher an ein medizinisches Labor erinnerten als an eine traditionelle Buchbinderei. Die Restauratorinnen arbeiten mit der Präzision von Chirurgi*nnen, nur dass ihre Patient*innen aus Papier, Pergament und jahrhundertealten Tinten bestehen.

Wenn Fotografie auf unbekannte Welten trifft: Herausforderungen der Dokumentation

Die fotografische Dokumentation dieser Arbeit stellte mich vor besondere Herausforderungen. Zum einen durfte ich die hochkonzentrierte Arbeit der Spezialist*innen nicht stören – ein falscher Handgriff, ein unachtsamer Moment könnte jahrhundertealte Kulturgüter unwiederbringlich beschädigen. Zum anderen mussten die Bilder die Komplexität und den wissenschaftlichen Anspruch der Restaurierungsarbeit vermitteln, ohne dabei trocken oder unzugänglich zu wirken.

Besonders faszinierend war die Beobachtung, wie die Restaurator*innen mit modernster Technik arbeiten, um historische Objekte zu retten. Mikroskope, Feuchtigkeitsmessgeräte und computergestützte Dokumentationssysteme stehen neben jahrhundertealten Büchern – ein visueller Kontrast, der die ganze Spannung dieser Arbeit verdeutlicht. Diese Gegensätze fotografisch einzufangen, ohne dabei künstlich oder gestellt zu wirken, erforderte Geduld und ein Gespür für die entscheidenden Momente.

Zwischen Wissenschaft und Leidenschaft: Die Menschen hinter der Restaurierung

Was die Reportage für mich besonders wertvoll machte, waren die Gespräche mit den Restaurator*innen während der Fotosession. Ihre Begeisterung für alte Bücher verbindet sich mit wissenschaftlicher Präzision zu einer einzigartigen Berufung. Sie erzählten von Büchern, die sie über Monate begleiten, von kleinen Erfolgen bei der Wiederherstellung unlesbarer Textpassagen und von der Verantwortung, die sie für das kulturelle Erbe empfinden.

Diese menschliche Komponente in den Bildern sichtbar zu machen, war mir besonders wichtig. Hinter jedem restaurierten Buch steht nicht nur wissenschaftliche Methodik, sondern auch persönliches Engagement und oft eine tiefe emotionale Verbindung zu den geretteten Kulturgütern. Die Porträts der Restaurator*innen bei ihrer Arbeit sollten daher nicht nur ihre Professionalität zeigen, sondern auch ihre Leidenschaft für diese außergewöhnliche Berufung.

Ein Blick hinter die Kulissen: Was die Kamera einfing

Die entstandenen Bilder erzählen Geschichten, die weit über die reine Dokumentation hinausgehen. Da ist die Restauratorin, die mit einer speziellen Pinzette winzige Papierfragmente sortiert – jedes Fragment ein kleines Puzzle-Teil eines größeren kulturellen Schatzes. Oder der Moment, in dem ein jahrhundertealtes Buch zum ersten Mal seit dem Brand wieder aufgeschlagen wird und dabei seine Geheimnisse preisgeben könnte.

Besonders eindrucksvoll waren die Aufnahmen der Gefriertrocknung: Bücher, die zunächst wie Science-Fiction-Requisiten aussehen, entpuppen sich als hochmoderne Rettungsmethode für wassergeschädigte Kulturgüter. Diese visuellen Überraschungen machen die Faszination dieser Arbeit aus und zeigen, wie weit sich moderne Restaurierung von traditionellen Vorstellungen entfernt hat.

Was als fotografische Begleitung eines Kollegen begann, entwickelte sich zu einer Reportage mit tieferer Bedeutung. Die Bilder aus der Restaurierungswerkstatt der Anna Amalia Bibliothek dokumentieren nicht nur aktuelle Arbeitsmethoden, sondern zeigen auch, wie unsere Gesellschaft mit kulturellem Erbe umgeht und welche Anstrengungen unternommen werden, um historische Zeugnisse für kommende Generationen zu bewahren.

Die Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Pressedienst ermöglichte es, diese Geschichte einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Text und Bilder ergänzten sich zu einer stimmigen Gesamtdarstellung, die sowohl die technischen Aspekte als auch die kulturelle Bedeutung der Restaurierungsarbeit vermittelte. Für mich als Fotojournalist war es eine Erinnerung daran, wie bereichernd es sein kann, wenn persönliche Leidenschaft und professioneller Auftrag zusammentreffen.

Am Ende blieb die Erkenntnis, dass die Rettung der Bücher aus der Anna Amalia Bibliothek zwar weniger romantisch ist, als ich ursprünglich erwartet hatte – aber dafür umso beeindruckender in ihrer wissenschaftlichen Präzision und ihrem kulturellen Wert.

eine frau mit maske sitzt vor papierseiten
ein gewässertes papier
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